Was macht eine Genesungsbegleitung?

Der Begriff Peer-Arbeit bezeichnet den Einbezug von Personen, die selbst eine psychische Erschütterung und Genesung erlebt haben, in den psychiatrischen Behandlungsprozess von erkrankten Menschen. Peers setzen dabei ihr Erfahrungswissen zur Unterstützung der Betroffenen ein und fungieren als Experten aus Erfahrung. Es gibt verschiedenste Bereiche in denen ein Peer hilfreich zur Seite stehen kann. Als Peer arbeite ich Recovery orientiert, und die Grundsätze habe ich schon auf einer eigenen Seite angeführt. Ein wichtiger Bestandteil von Recovery ist auch Empowerment.
Der Begriff "Empowerment" und das Konzept wurden ebenfalls aus dem Englischen übernommen. Die Übersetzungen die das Konzept am ehesten beschreiben können, wären "Selbst-Bemächtigung", "Selbst-Ermächtigung" oder "Selbst-Befähigung".
Acht Merkmale der Peer-Beratung
Selbst bestimmen dürfen
Jeder Mensch soll selbst sagen dürfen, was er möchte – und Entscheidungen über das eigene Leben selbst treffen. In der Peer-Beratung ist das besonders wichtig: Wir hören zu, drängen uns nicht auf, und helfen nur so viel, wie jemand das will. Und wir achten auch darauf, dass andere diese Selbstbestimmung respektieren.
Unterstützung, die auf meiner Seite steht
In der Peer-Beratung bekommt man nicht nur Hilfe – man hat auch jemanden an seiner Seite, der einen versteht, für einen einsteht und sich wirklich für einen interessiert.
Kein Platz für Ausgrenzung
Diskriminierung und Vorurteile haben bei uns keinen Platz – weder gegen andere noch gegen uns selbst. Wir stehen klar gegen Stigmatisierung und achten darauf, dass alle mit Respekt behandelt werden.
Mit Respekt – für sich und andere
Es ist wichtig, gut mit sich selbst umzugehen. Wer sich selbst achtet, kann auch anderen auf Augenhöhe begegnen. Peer-Berater:innen leben das vor und zeigen, dass Würde und Wertschätzung Grundpfeiler der Begleitung sind.
Vertrautheit schafft Vertrauen
Wir teilen Erfahrungen, weil wir Ähnliches erlebt haben. Das schafft eine besondere Verbindung. Peer-Beratung heißt auch: Nähe zulassen, ehrlich sein – und alles, was gesagt wird, bleibt vertraulich.
Eigene Stärken und Schwächen kennen
Wer sich selbst gut kennt, kann auch besser auf andere eingehen. In der Peer-Beratung gibt es klare Rollen – eine Person begleitet, die andere wird begleitet. Aber beide sind gleich wertvoll.
Wirklich Interesse am anderen haben
Gute Peer-Arbeit entsteht, wenn beide wirklich Interesse aneinander haben. Es geht um echtes Zuhören, gegenseitiges Vertrauen – nicht um „abliefern“ oder „reparieren“.
Alte Rollenmuster auflockern
In der Psychiatrie gibt es viele starre Rollenbilder – zum Beispiel, dass nur Fachleute wissen, was gut ist. Wir zeigen: Auch wir Betroffene haben Wissen, Erfahrung und neue Sichtweisen.
(nach Mead et al 2014)